„Flüsterwitze“ standen als Titel auf dem Programm und ließen eine eher konspirative Session erwarten. Lisa Fitz, wortgewaltige und wohl dienstälteste Powerfrau des deutsch-bayerischen Kabaretts, stand wieder einmal auf der Bühne des Seesener Kulturforums. Soviel Flüsterei war es gar nicht, lautstark eher und bestimmt und keinesfalls hinter vorgehaltener Hand.

Ihr Programm ist brandneu und noch gar nicht bis ins Letzte gefüllt, es wird noch wachsen in der Folge der Aktualitäten. Der Bühnenraum wird von den Silhouetten von Soldat und Friedenstaube in schrillfarbigem Licht flankiert, es sind Kulissenelemente, eigentlich ohne Bezug zum Gesagten.
Lisa Fitz beginnt forsch: „Mir geht’s gut. Auch geistig! Hauptsache, es glüht irgendwo.“ Und in der Tat: Es glüht. Man merkt immer wieder die Münchener Szene; sie grenzt die Kabarettkunst des unvergessenen Dieter Hildebrandt gegen die Flachwitze eines Mario Barth ab, die Comedians werden abgewatscht. Lisa spricht über Narren: den größten alias Söder, über „Herrn Doofrindt“ und das „Kasperltheater des Siegmar Gabriel“. Ansonsten aber ist Angela Merkel immer und immer wieder der Zielpunkt der bayerischen Powerfrau. Wenn das Programm einen roten Faden hätte, wäre er in langer Kette mit der „Mutti“ verknüpft. Daneben vegetiert die „SPD als der HSV der Politik“.

Der neudeutsche „Empörialismus“ wird zum Thema. Die Mainstreams der Medien werden in einem Song verarbeitet; die Fitz regt sich auf über die apolitischen Meinungen, gerade bei Frauen („harmlos wie nörgelnde Hamster“). Sie zieht sich Springerstiefel an, um die gewalttätigen Elemente der Gesellschaft anzuprangern, an der Spitze das Kapital, aber auch die Kirche, und die Kinder, und die Unwissenheit. Lisa Fitz singt und tanzt den „Tango der Verleumdung“ und schreit am Ende das „Hey du! Wach auf!“ heraus. Der „Populismus hat eher was mit Pöbel zu tun“. „Populisten sind die, die so labern, dass der Pöbel sie versteht!“ Die Kabarettistin hat keine Angst anzuecken. Sie benennt die Pomos (Politik-Monster), sie beginnen beim herum-trump-elnden US-Präsidenten und enden beim „gasablesenden Putin“. Die Pomos nehmen Gestalt an im theatralischen Godzilla oder King Kong. Die „Revolution“ hat längst ihre Kinder in die unsozialen Medien entlassen. Der braune Dampf staubt aus dem vergammelnden Bovist. Im Song fragt sie „Welche Partei soll ich wählen?“ und landet irgendwie bayerisch oder CSU-nah beim Jodler. Lisa singt ein Stückerl Peking Oper und landet doch lieber im Rock ´n Roll.
Sie lässt „die Volksseele kochen“, aber es klingt „so wie ein warmer Frühlingstag“ und in einer Kurzfassung singt sie „Wenn i zu mein Bacherl geh“ und landet wieder jodelnd im „Heimatland“.

„Heimat ist da, wo ich willkommen bin!“ Wer hat das eigentlich vor Lisa Fitz schon gesagt? Dem Willkommen folgt ein „Tanz der Vampire“ im Bayrischen Hof („Die Weltmord-Elite tummelt sich hier.“) Aber: „Die Gedanken sind frei“ und das Publikum singt mit. Und am Schluss des beeindruckenden Kabarettabends singt sie die „Gedanken“-Version von Konstantin Wecker. Powerfrau Lisa Fitz beeindruckte die große Fangemeinde, die sich beim Seesener Kulturforum versammelt hatte, sie mit standing ovations verabschiedete, um dann die Bühne zum Autogrammempfang zu stürmen.

Dr. Joachim Frassl

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