Nach zweijähriger Abstinenz ist Bodo Wartke wieder zu Gast beim Kulturforum in Seesen

Der 3. April war für Wartke-Fans ein Feiertag. Das seit
Mitte November ausverkaufte Gastspiel war für das Team des Kulturforum Seesen
und das Publikum ein weiteres Highlight der Saison 2018/2019. 

Bodo Wartke steht mit seinem vierten
Klavierkabarettprogramm auf der Seesener Aulabühne und begeistert. Zu Beginn
nur rotes mystisches Bühnenlicht und ein einsamer Steinway-Flügel – die Halle
erfüllt von erwartungsvoller Spannung – Bodo Wartke wird mit begeistertem
Applaus in Seesen empfangen.

Der Flügel erwacht zum Leben und der Künstler versteht es in brillanter Manier
teils amüsante, kritische oder charmante Alltäglichkeiten in Reime zu bringen
und zu vertonen. Der Stoff des Programms ist aus dem Leben gegriffen, nichts
ist wirklich fremd, jeder kennt die kleinen und größeren Katastrophen des
menschlichen Miteinanders und doch ist die Wortakrobatik nicht das gängige
Vokabular, das hier im Saal jeder wählen würde oder gar könnte. Wie kann sich
nur ein Mensch in dieser Varianz und Geschwindigkeit derartige Texte erdenken
und vortragen? Bodo kann’s.

Textstolperer – geplant oder auch nicht – das Publikum
ist textfest und souffliert prompt.

Bodo Wartke singt und spielt zu den Problemen des Lebens, die es früher nicht
gab, so das Leitmotiv des Programms des heutigen Abends. Er dichtet zu moderner
Architektur, vertont das fehlende Vokabular zur Beschreibung bestimmter
Körperteile – „mir fehlen die Worte“ – und das ist bei diesem reimenden
Klaviervirtuosen kaum vorstellbar. Der Frühling hält Einzug in die Liedfolge
und die Liebeserklärung seiner Freundin unter der Birke wird jäh durch die Pollenallergie
getrübt: „Regen wäre Segen“.

Wartke sinniert musikalisch, was wäre, wenn die Welt ohne Werbung wäre. Wie
viel Speicherplatz unauslöschlich in unserem Gehirn durch Werbebotschaften
belegt ist; welche Verschwendung, weil es nichts Relevantes oder Erbauliches
ist.

Mit seiner Piccolo-Gitarre, seiner Ukulele, besingt er „Es ist nicht leicht ein
Teenager zu sein“ und leitet zu einem weiteren Frühlingslied über, das eine
laue Abendstimmung mit Freundin beschreibt. Amüsant ist die Textidee, dass der Ausgang
der Geschichte nach Altersfreigaben variiert, weil das Publikum aus mehreren
Generationen besteht. So gibt es ein Lied-Ende frei ab 6 Jahren, eines ab 12,
sowie ab 16, ab 18 und ab 21 Jahren.

In „Die WG des Herrn ist unergründlich“, dem letzten Lied vor der Pause, stellt
der Künstler sich die Frage, ob es vernünftig ist, in einer Männer-WG zu wohnen
und erinnert an seine Erfahrungen.

Bodo Wartke lädt das Publikum ein, in der Pause am Merchandise – Stand im Foyer
der Aula – Bücher, CDs, T-Shirts, DVDs und anderes zu erwerben.

Die Tanzromanze mit Konstanze ist das erste Stück des
2.Parts und erzählt von Liebe, Lust und Leidenschaft und der Verzweiflung ob
des mangelnden Tanztalentes des Vortragenden.

Die Trennung von ernster und unterhaltender Musik ist Thema des nächsten Liedes
und Bodo Wartke verbindet beides zur Ü-Musik, in dem er mit der Mundharmonika
die Arie des Papageno vorträgt und diverse Vogellieder miteinander kombiniert,
verändert und hierbei geht es den Vögeln an den Kragen. Eine weitere Ballade
folgt: In „Hambacher Wald“ verbindet der dichtende Künstler zarte Töne mit
kämpferischem Text.

Still wird es im Publikum, als Wartke das Lied des großen Bruders anstimmt.
„Christine“, seiner Schwester gewidmet, die nur ein Monat und einen Tag alt
geworden ist. Melancholisch, persönlich, emotional. Kann man hiernach
applaudieren? Die Zuhörer sind unsicher, honorieren dies jedoch nach einem
Augenblick des Innehaltens.

Mit „Sehnsucht nach Stille“ vertont Bodo Wartke den Lärm in Zügen und den Krach der Nachbarn im Haus und schließt mit dem Schlussgebet für Ruhe und setz damit den Punkt hinter den offiziellen Part.
In den Zugaben, die durch frenetischen Beifall der Zuschauer mehrfach eingefordert werden, bietet der Künstler zum Abschluss seines grandiosen Abends in Seesen einen musikalischen Ausblick auf das neue Programm.
Zum Ausklang hat jeder Gast noch die Möglichkeit, sich bei „seinem“ Künstler hautnah zu bedanken und sich eine persönliche Widmung abzuholen.

Bericht: Claudia Reichardt
Fotos: Antonio Mateo



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