Das war ein Abend, der mit „unvergesslich” noch unterbewertet ist. Die vier Künstlerinnen Anna Lena Perenthaler, Cello, Olga Shkrygunova, Klavier, Angelika Bachmann, Violine, und Iris Siegfried, Violine, haben zwar nicht die Sau rausgelassen, wie man im Rausch der Begeisterung gelegentlich unangemessen formuliert, nein, sie haben Musik in eine Show integriert, die alles, aber auch wirklich alles bot, was auf dem höchsten Niveau, heutzutage muss man ja „Level” sagen, der Kunstformen Instrumentalmusik, Gesang, Musikinterprätation und Bühnenshow einschliesslich Conference geboten werden kann.
Sie haben (endlich!) mal wieder gezeigt was man aus einem Allerweltsthema wie Liebe alles machen kann, was man z.B. mit etwas modernerer e- Musik an Spannung, Freude, Emotion und Humor erzeugen kann und wie man auch das Publikum abseits der großen Metropolen erreicht. Schon der Auftakt mit Astor Piazollas Libertango gelang den überaus beweglichen und dabei auch perfekten Musikerinnen so genial und auch im Wortsinn leichtfüssig, dass jeder auch nur halbwegs Anwesende sofort begeistert die scheinbare Leichtigkeit des Seins spürte und sich gern vom Zauber der Musik, der Interpretinnen und der Show entführen lies.

Bereits der erste Wortwechsel zwischen der mutmasslich verheirateten Iris Siegfried und der, ebenfalls mutmasslich, eher heftig ungebundenen Angelika Bachmann warf das Publikum mitten in die Konfrontation von Ehe gleich Langeweile und häufigem Partnerwechsel, was auch nicht ausschliesslich als spannend dargestellt wurde.
Der verbale Schlagabtausch mündete in Cole Porters Lets fall in love, weil es ja, wie der Schöpfer des Werkes meint, alle tun. So ganz sicher bin ich mir speziell bei den Bienen da nicht, weil da ja offensichtlich nur die Königin sich, nun ja, verlieben darf, was aber für die Bieneriche alles andere als glimpflich endet.
Ein Sinnieren über solche randständigen Kleinigkeiten liessen die 4 Musikerinnen erst gar nicht zu. Ihre virtuose und spielfreudige Präsentation und ihre überwältigende Bühnenpräsenz vertrieben, beziehungsweise ersetzten einfach solche brummeligen Gedanken durch atemberaubenden Schwung und Musikalität. Ja, singen konnten Sie alle auch, und wie! Wer beim makellosen Alt von Olga Shkrygunovas Behauptung “ ich hob dich tsufil lib“ nicht ein wenig innerlich in die Knie ging, war entweder ein Stein oder taub. Zuvor spielten die Damen aber das Publikum durch eine Interpretation der Follia (in unserem Sprachraum als Verrücktheit oder Wahnsinn bekannt) schwindelig vor Begeisterung über die Präzision bei diesem Tempissimo.
Aber auch Robert Schumanns Romanze für Klavier (Op. 28, No.2) wurde sinnlich ins rechte Licht gerückt. Immer wieder erschien die Liebe und deren häufig fragwürdige, gelegentlich lebensgefährliche Konsequenzen.

Im Falle von Romeo und Julia wurde sehr bodenständig den Liebenden pauschal geraten, sich zumindest was die Schwiegereltern anbelangt, doch ein gewisses Informationsminimum zu gönnen, möglichst vor dem Eintritt der Verliebtheit. Auch Beethoven (Bei Männern, welche Liebe fühlen) und Mozart (Reich mir die Hand, mein Leben, aus der Oper Don Giovanni) kamen zur Aufführung, teils launig anmoderiert. Erfrischenderweise unterblieb die Anmoderation gelegentlich, was nicht störte, da so genügend Raum für die immer turbulente, doch auch stets mit meisterlicher Präzision gespielte Musik blieb.
Die Choreographie war so gelungen, dass ich gelegentlich den Gedanken unterdrücken musste, es würde der einen oder anderen E-Musik Aufführung nicht schaden, wenn der fast immer kolportierte Ernst bei dieser Art von Konzerten durch die eine oder andere artistische Einlage etwas durchbrochen würde. So spielten bei SALUSALON gelegentlich 3 Bögen auf einem Instrument und mit welcher Präzision!

Auch die Handpuppe Oskar, der einzige Mann, der schon über 10 Jahre mitmachen darf, machte da keine Ausnahme. Zum Ende des Ersten Teils gab es sogar eine Mordszene auf der Bühne, die durch ein Krimimelodien Medley spannend untermalt wurde.
Nach der Pause wurde durch Regreso al Amor, wiederum von Astor Piazolla einmal mehr klar, das die Liebe nicht nur ein Zuckerschlecken ist. Dissonanzen und rhythmische Sprünge forderten das Ensemble zu größter Präzision, die mit einer unglaublichen Leichtigkeit geliefert wurde. Ebenso kurzweilig wie musikalisch anspruchsvoll wurde ein georgisches Schlaflied und ein polnisches Liebeslied, das Iris Siegfried zauberhaft und glaubhaft sprachgetreu sang.
Glücklicherweise merkte ausser mir keiner im Saal, dass es sich hierbei um Tabakwerbung handelte, so ergreiffend vermisste die Sängerin den Besitzer der Tabaksdose. Und dann: George Gershwin mit Zitaten aus der Rhapsodie in blue, Edvard Grieg ( Marsch der Trolle) Jaques Offenbach ( Barcerole).
Zum krönenden Abschluss gab es ein Medley zum Thema „What’s love” . Hier möge sich der geneigte Leser selbst mal Gedanken machen welch Titel hierbei aufs Köstlichste angesungen und zitiert wurden. In einer Geschwindigkeit der Titelfolge, die nachgerade atemberaubend und gleichzeitig musikalisch treffend war. Die ca. 30 Liedzitate endeten mit Bob Dylans blowing in the wind. Dann standing ovations und 3 Zugaben, die mit einem launigen Abschiedslied – leider- endeten.
Nicht unerwähnt darf bleiben, dass Salut Salon in Lateinamerika und in Afrika musikpädagische Projekte finanziel und tatkräftig unterstützt, so wurden zum Beispiel. Zirka 50 Geigen nach Nairobi geschickt, wo Kinder und Jugendliche per Skype Untericht erhalten.
Was aber auch ebenso dringend noch zu sagen wäre: Vielen Dank dem Kulturforum Seesen und somit all den Ehrenamtlichen und Sponsoren, die solche Veranstaltungen in unserem Städtchen möglich machen. Bitte macht weiter so.

Dr. Gerd Weigel

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