Wer am Freitagabend nicht in der Aula war, hat halt etwas verpasst: ohne Lachzwang die witzige Conférance von Ole Lehmann, raus aus dem Hackfressen Alltag, rein in die Seesener Lachaula- wenns doch in der Schule auch mal streckenweise so blödelig lustig zuginge. Oder im grauen Alltag, wenn die Menschen eben mit abweisenden Gesichtern schlecht drauf sind, nicht wissend, dass die Lebenszeit begrenzt ist und dass Grundfröhlichkeit weiter hilft als beständige schlechte Laune. Letztere wurde einem gründlich ausgetrieben. Von der pantomimisch ertklassigen Darstellung von Zombis über die Monotonie von französischen Filmen, was aber später mit dem Hinweis auf Louis de Funès versöhnlich konterkariert wurde. Man verlange bitte nicht eine chronologische Nacherzählung des Abends, es widerspräche eindeutig der Intention der Veranstaltung.
Ole Lehmann sprudelte nur so von Vergleichen, merkwürdig-komischen Situationen und Zustandsbeschreibungen. Vom Berliner Edelburgerladen bis zur nachgerade sprichwörtlichen Unfreundlichkeit der hauptstädtischen Gastronomie. Hier bemerkte man sofort die gründliche Kenntnis der Harzer Gastwirtsfreundlichkeit, die ja großflächig inexistent ist und von der Berliner Schnauze eigenlich nur am Dialekt zu unterscheiden ist. Ach, was schwelgte Ole von der nachgerade liebevollen Zuvorkommenheit englischer Barkeeper. Ob diese nun auf besserem schauspielerischem Talent oder einfach auf das Angewiesensein von Trinkgeld beruht, war natürlich nicht Gegenstand des Abends.
Nein, Spaß im Alltag wurde professionell vermittelt, auch der Nürnberger Filigrangitarrist und passionierte Dreadlockfan El Mago Masin ließ sich da überhaupt nicht lumpen. Köstlich die Szene im Zug, der von Nürnberg nach Seesen 4 Wochen benötigte, was aber nicht weiter schlimm war, denn Rasta Masin hatte so einiges unterwegs erlebt, was unter Mitwirkung von Besuchern auf der Bühne dem Sinn des Abends höchst gerecht wurde. Die Abfrage der Landeshauptstädte wurde zum schmunzelnd hingenommenen Reinleger, da war das Alphabetlied einfach dagegen. Dann sang er das aber genausoschnell rückwärts, und wir alle mussten passen. Der geneigte Leser wird jetzt zur Abwechslung mal aufgefordert, vom Konsum zur schöpferischen Aktivität zu wechseln: Einfach mal das Alphabet flott rückwärts im Takt des virtuosen Fingerpicks zu singen- ich war da, zugegebenermassen, so von der Gitarrenkunst gefangen, dass ich schon bei der Frage X oder Y ? scheiterte, wie übrigens die meisten im Saal. Leider ging der Rasta Frrrange dann auch schon wieder weg und der äußerst wortgewandte Ole Lehmann tänzelte wieder auf die Bühne. Ihm wurde jeder Scherz abgenommen, mochte man sich doch nicht selbst zugestehen, dass man auf der falschen Veranstaltung war bzw. den Griesgram Orden des Abends verdiente.
Weiter ging es mit lupenreiner Comedy, ebenfalls aus Berlin: Ingmar Stadelmann. Seine T-Shirt Aufschrift war Programm: ick habe mir umjekiekt und festjestellt: wir sind die Geilsten. Allein die Szene mit dem Berliner Busfahrer und dem englischen Fahrgast, der mit einem Fuffi ein Daily Ticket haben wollte – das muss man sich angehört und angesehen haben, falls man vor gelachter Tränen überhaupt noch klar sehen konnte. Die Rücksprache mit der Zentrale und das Berliner Not-Denglisch – also das nächste Mal kommen Sie einfach selbst mal zum Kulturforum, dann muss ich mir nicht mühselig die Finger wund schreiben und den Wochenendgeist martern, um Ihnen halbwegs zu verklickern, wie man für kurze Zeit allen Kummer der Welt vergessen kann und just mal lauthals und lebensverlängernd lachen kann. Nach der dringend erforderlichen (Trink) pause, Lachen kostet halt auch Energie, Olte Herr Lehmann uns weiter mit Sebastian Schnoy, einem waschechten Hamburger Kabarettisten, Autor von mehreren, sehr fürs Überleben in tristen Wartezimmern geeigneten Büchern, u.a. „Von Napoleon lernen sich vom Abwasch zu drücken“, allein der Titel macht auch in Zeiten der Spülmaschine neugierig. Da war auch handfester Tiefsinn vorhanden, gottseidank charmant von seiner Freundin Melanie verpackt. Dass man nicht mehr Flüchtlinge sagt, sondern Flüchtende, weil „ling“ abwertend sei. Also nee, was machen wir dann mit all den Keimlingen, Stecklingen, Fingerlingen oder gar mit Überlingen? Mithin- Buch kaufen, selber lachen. Und zum Schluss dass pantomimisch politische Feuerwerk von Onkel Fisch, 2 Kölner Sprech- und Bewegungskanonen, die ihre neuen Filmideen wohlpersifliert ans lacherschöpfte Publikum brachten und damit rauschenden Beifall ernteten. Waren sie das, die Trump als den Teufel mit den drei goldenen Haaren bezeichneten? Ich weiß es wirklich nicht mehr, was ich aber sicher weiß, ist, dass am Freitagabend alle Besucher auf ihre (Lach)kosten kamen, und wers nicht glaubt, der irrt sich.
Gerd Weigel