6. Lachnacht in Seesen

Auch die 6. Lachnacht macht ihrem Namen wieder alle Ehre. Ole Lehmann kommt super gern nach Seesen und muss immer noch lachen, wenn er daran denkt, wie die Mädels der „Ladies Night“ im letzten Herbst „die Hütte weggeblasen“ haben. Seesen ist so herrlich fröhlich. In Berlin gibts eher Hackfressenalarm.  

Hier gibts jetzt Boris Stijlja. Ein Serbokroate, geboren in Mannheim, in Kroatien aufgewachsen und mit 22 Jahren in die Pfalz zurückgekehrt. Er bespaßt das Publikum mit Anekdoten aus seinem Lebenslauf. Die Kroaten kennen keine Umlaute, ein ü wird ausgesprochen wie i, die Frage an eine Verkäuferin, ob sie Milch in „Titen“ hätte, beschert die Gegenfrage nach Quark in den Eiern … Seine Integration in die Pfalz findet mit 0,5 l Weingläsern statt, nach ein paar Gläsern ist dann auch die Frage der Aussprache vom Tisch. Obwohl: Aus seinem Job als Entertainer (klingt besser als Harz4) macht sein Vater „Ententrainer“, da ihm der Beruf des Sohnes mehr als suspekt ist. Insgesamt ein launiger Einstig in den Abend.  

Ole übernimmt und erzählt von pampigen Berlinern. Eine rauchend steht er am S-Bahngleis und wird von einem ca. 11-jährigen Jungen angesprochen: „He, gib mir Kippe“. Ole: „Ne, Du kriegst keine.“ „Eh, gib her Alder, oder bist Du schwul oder was?“ Ole: „Ja, bin ich.“ „Oh Mann, echt eh? Ne, dann will ich keine …“. Der Junge geht … 

… und Rene Sydow kommt. Eigentlich ist der Satiriker und Schriftsteller heute für den politischen Teil zuständig, aber der ist ihm zu deprimierend. Inflation, Krieg, Zeitenwende … ja, die Zeiten haben sich gewendet. Krieg, aber bitte nicht hier. Das kommt einem so vor, als ob die Tochter anschaffen geht, damit der Sohn Theologie studieren kann. Aber andererseits ist Politik auch eine ungeheure Arbeitserleichterung: Man muss sich nichts mehr ausdenken. Zum Beispiel die USA, das reichste Land der Welt. Trump will Europa kaufen, leider verkaufen die Chinesen nicht … Besser gehts nicht – oder doch? Vielleicht bei Instagram als Influencer. Da steckt das Krankheitsbild schon im Namen. Überall wird gerotzt und geprustet. Alle fallen auf den gleichen Mist rein wie seine Oma bei QVC. Aber Oma ist dement. Welche Entschuldigung haben die Anderen? Ist das alles noch gesund? Ohne Fitbit Tracker können wir die Frage nicht beantworten. Ohne Fitbit Armband wüsste er gar nicht, wie es ihm geht! Vitality Apps erstellen Profile, überall werden Profile erstellt. Anfang des 20. Jahrhunderts hatten nur Verbrecher ein Profil, erstellt mit Methoden aus der Psychiatrie. Heute hat jeder zig Profile – leben wir alle in einem Irrenhaus? Rene Sydow, reflektierend bis ins kleinste Detail, in einer Geschwindigkeit vortragend, die trotz der Schwere der Themen eine Lachsalve nach der anderen generiert, entlässt ein atemloses Publikum in die Pause, bei dem die nachlassende, durch Konzentration verursachte Anspannung zu weiteren Glücksmomenten führt. Auf jeden Fall sehr gern mehr davon! 

Ole kündigt den nächsten Künstler an. Fee Badenius ist leider erkrankt, hat Stimmbandentzündung. Dafür springt der Liedermacher und Kabarettist Sven Garrecht ein. Er kommt als Klavierspieler natürlich sehr gern in die Hauptstadt des Flügels. Und überhaupt: Da alles auf der Welt mit jedem Tag schlechter wird, ist genau heute der schönste Abend des restlichen Lebens, an dem er gern dabei ist. Für das erste Lied braucht er ein Publikum mit Erfahrung am Glas. Thema ist einer der Grundpfeiler der Demokratie: die Wahl der deutschen Weinkönigin. Nach drei Stunden Trinken steht die Gewinnerin fest, sie darf dann national und international weitertrinken … Das Klavierspiel ist brillant und kräftig, der Text amüsant mit viel verstecktem Wortwitz. Es folgt ein Gedicht über die Klänge des Sommers, über das Zirpen der fetten Grillen bis hin zu den Geräuschen, wenn man die Fetten grillen hört …, ein Lied über die Musterung und last but not least ein Heldenlied, allesamt vorgetragen in schönster Liedermachermanier, ein Hörgenuss der besonderen Art. 

Ole löst ab mit einer Beschreibung seiner Schilddrüsen-OP. Nachdem seine Ärztin wie beim Räumungsverkauf verkündet hat: „Alles muss raus“, findet er sich in Kleidung wieder, deren Sinnhaftigkeit sich ihm partout nicht intuitiv erschließen will. Besonders die chirurgische Unterhose aus Netzmaterial kann eigentlich nur für die Belustigung der Chirurgen da sein.  

Für die Belustigung der Seesener ist als letzter Comedian Roberto Capitoni gekommen. Geborener Deutscher mit italienischen Wurzeln und dann noch Schwabe. Quirlig italienisch ist sein Bühnenauftritt, mit dem er seine Sicht der Welt offenbart, riesengroße Kulleraugen sind kurz vorm rausfallen, wenn es dramatisch zugeht. Sehr schwäbisch ging es bei seiner Geburt zu. Er wollte nicht hinaus in die Welt, war lang übertragen, das Fruchtwasser war wie Fango. Dann haben sie versucht, ihn zu locken. Mit Käsespätzle und Hefezopf, keine Reaktion. Erst der Bausparvertrag hat gezogen, 1 Sekunde später war er geboren. Bei der Geburt war er sehr klein, hat deshalb unzählige Vornamen bekommen, damit überhaupt etwas da ist. Dementsprechend lang hat seine Taufe gedauert, fast ertrunken wäre er dabei und hat dann am Ende die Kirche mit dem Seepferdchen verlassen. Ein Lacher jagt den nächsten, das Publikum tobt und Robertos Temperament schlägt hohe Wellen. Er erzählt von schwäbischen Freunden, die sich jetzt beschneiden lassen. Nicht aus religiösen Motiven, sondern weil schwäbische Frauen nichts anfassen, was nicht mindestens 10 % reduziert ist. Und er schaut am liebsten Filme rückwärts. Titanic war super, aber am besten war das Video von seiner Hochzeit, das zum Happy End das feuchtfröhliche Besäufnis mit seinen Freunden hatte. Das Publikum tobt, kommt aus dem Lachen nicht heraus und lässt sich nur zu gern von Ole Lehmann den 11.10.2025 als Termin für die 7. Seesener Lachnacht verkünden. Ein toller Abend, dessen Dramaturgie in ein furioses Lachfinale führte. Auf ein Neues 😊 
Heike Hammer-Geries 

 

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