Das Doppelkonzert der beiden deutschen A-Cappella-Größen Vocaldente und 6-Zylinder ist ein gelungener Auftakt der neuen Saison des Kulturforums Seesen e.V.
Um 20 Uhr betritt Vocaldente mit seinen fünf Sängern die Bühne. Sie bestreiten den ersten Teil des Doppelkonzertes und steigen musikalisch „über den Wolken“ ein. Einzig mit ihren Stimmen erfüllen sie die Aula, welch akustisches Repertoire ein einziges Instrument erzeugen kann, beeindruckt. Und choreographisch geben die fünf Männer bei „Rhythm of the Night“ mit ihrem Hüftschwung alles.
Trotz grandioser Stimmgewalt und der einzigartigen Arrangements der Band ist das Seesener Publikum etwas zurückhaltend. Es liegt vermutlich am Harzrandcharme. Schade, die Jungs sind toll!
Die Lieder sind bunt und im Wechsel modern, zeitlos. Es wechselt Swing mit Metall oder Techno, genau dieser Genremix erhöht den Reiz des Abends. Die Anmoderationen sind locker, amüsant und machen Freude.
Seesen zu beeindrucken, ist schwer, aber mit der Interpretation von „Chop Suey!“ von System of a Down haben die fünf Sänger aus Hannover es geschafft. Originell, grandios, famos. Einfach gekonnt! Und so geht es weiter. Auch wenn uns die „textlastige Musik des Techno“ nicht per Reclamheft vorgelegt wurde, war es toll. Klassische Liebeslieder, aber auch Techno und Swing oder irische Volkslieder lassen sich nur mit der Kunst der Stimme intonieren.
Als Zugabe geht es „hinter dem Horizont weiter“. Ja, bitte! Vocaldente muss dringend wiederkommen. Musikalisch, stimmlich ein Hörgenuss der besonderen Art.
Nach der Pause kommt die zweite A-Cappella-Band auf die Bühne. Die 6-Zylinder, fünf ältere Herren erobern Bühne und Publikum. Vor 30 Jahren schon standen die Zylinder in der Aula, immer zwischendurch und heute wieder. Das Publikum empfängt die Sänger euphorisch, die Fans sind sich einig.
Die Umsetzung von „Weather with you“ ist beeindruckend. Der Übergang zu den Stücken erfolgt auf flapsige Art und Weise und kommt bei Fans gut an. Das bunte Programm enthält bekannte Melodien mit oftmals neuen Texten. So ist der Anfang im Original von „It never rains in Southern California“ ganz groß und wird witzig mit „Warum regnet es so oft in Südwestfalen…“ mit netter Regenschirmeinlage.
Die eigenen Texte zu bekannten Schlagern, dem eingefleischten Fan vermutlich bekannt, motivieren das Publikum stark.
Wenn die 6-Zylinder Lieder ernsthaft intonieren, dann ist das fulminant, ganz groß und die sonoren Stimmen erfüllen den Saal gewaltig. Musikalisch sind die Herren hochklassig.
Die spaßigen Songs wie „Der Junge biss den Hund von Monika“ (nach: „Der Junge mit der Mundharmonika“) und den Clownerien in den Anmoderationen wirken etwas überholt und nicht für jeden amüsant. Liebeslieder aus dem Münsterland von „Karl-Heinz Wolkenbrink“ reihen sich da ein.
Der Sandstein-Reggae verdeutlicht allerdings noch einmal die musikalische Vielfalt der 6-Zylinder. Die Zugabe: „Auf Wiedersehen in Garmisch-Partenkirchen“ ist über 30 Jahre alt und das spiegelt den zweiten Teil des Abends wider.
Ein A-Cappella-Abend der besonderen Art endet mit großem Applaus für beide Bands. Viel unterschiedlicher könnte ein Doppelkonzert im Bereich des A-Cappella nicht sein. Dem Kulturforum Seesen e.V. ist es hier gelungen, einen tollen Abend für unterschiedliche Zielgruppen zu präsentieren.
Tanja Wöhle
Fotos: Antonio Mateo